Deutsche Autoren im Fokus - Teil 1
BORIS PFEIFFER
Eigentlich sollte des erste Interview schon viel früher online gehen, leider war es wegen technischen Problemen nicht möglich. Aaaaber jetzt TaaaaaDaaaaaa es ist fertig und ich bin stolz auf den BLOG-Eintrag, sowie auf das Video. Danke an mein Schatzi, ohne ihn hätte ich das Video nie so schön hinbekommen :-)
So und nun beginnen wir mit dem Interview. Viel Spaß damit und beachtet das Video am Endes des Eintrages.
- Wie kamen Sie auf die Idee, die Akademie der Abenteuer zu schreiben?
Das magische Moment war die Idee der
„historischen Fluten“. Ich hatte mich mit einer Lektorin
verabredet, um ein Gespräch über Bücher zu führen, in denen die
historische Vergangenheit eine Rolle spielen könnte und war mir noch
nicht klar, ob ich das Thema angehen würde, als mich diese Idee
packte. Das war sehr früh morgens und ich erzählte sie nach einem
ersten Gedankendurchlauf begeistert meiner Frau, die ebenfalls ganz
aus dem Häuschen geriet. Mit dieser Idee im Gepäck fuhr ich dann
nach Mannheim, wo ich die Lektorin traf und ihr die Sache vorschlug.
Und sie war ebenfalls begeistert. Das war die Geburtsstunde der
Akademie der Abenteuer.
- Wären Sie in der Situation von Rufus gewesen, wären Sie auf diese Schule gegangen?
Lasst mich nachdenken. Ich bin einmal
von Zuhause „abgehauen“, aber da war ich schon 17 oder 18. und
der Grund dafür war, dass ich mich restlos bis über beide Ohren
verliebt hatte. Es waren Sommerferien, ich war alleine in Berlin,
habe mich nicht und nirgends gemeldet und bin erst einige Wochen nach
Schulbeginn (es war das Abijahr) wieder aufgetaucht und auch in die
Schule gegangen (und habe dann das Abi auch gemacht). Dennoch war ich
nie in einer Rufus’ vergleichbaren Situation. Aber ja, ich denke,
ein Mensch muss seiner Begabung folgen. Und wenn man in einer Krise
steckt und einen, möglicherweise ungewöhnlichen, Ausweg entdeckt
oder angeboten bekommt, dem man aus dem Herzen folgen kann, dann
sollte man das tun. Ja, in Rufus’ Situation wäre ich an die
Akademie gegangen.
- Haben Sie sich bei der Ausgestaltung der Charaktere an realen Personen orientiert?
Nur in der Namengebung habe ich im
Hinterkopf hier oder da an einige Menschen gedacht. Aber das sind
mehr Wortspiele oder Namensspiele. Was die Eigenschaften, das Können,
die Schwächen, die Ängste, ihre Stärken und ihr Wesen angeht, sind
alle Figuren ganz aus mir entstanden.
- Was brachte Sie ausgerechnet auf diese Themen? (Bezug Akademie)
Beim ersten Band bat mich der Verlag,
mich des Themas Ägypten anzunehmen, weil sie dachten, dass das
besonders zugkräftig wäre. Ich habe lange gesucht und überlegt,
bis ich mit Anchetcheprure und ihrem Vorgänger Echnaton das richtige
Feld gefunden hatte. Das hat mir dann sehr gute Wege geöffnet.
Später habe ich die Themen frei bestimmt. Sie stehen immer in einem
zusätzlichen Zusammenhang mit Rufus’ Geschichte. Aus sich heraus
interessierten mich besonders der Kampf einer starken Frau und Mutter
in einer Invasion von Männern, die Frauen kein Recht zubilligen.
Dann die Kraft einer einmaligen Erfindung und die möglichen Wege
dorthin. Wie kommt der Mensch auf etwas ganz Neues? Das wiederum im
Zusammenhang mit den antiken Handelswegen auf dem Mittelmeer. Und
ebenso Rufus’ Frage nach seinem Vater und der in Amilcar
gespiegelten Erkenntnis, dass er alleine seinen Weg wird gehen müssen
und lernen muss zu verzeihen.
- Woher stammen die vielen detaillierten historischen Fakten? Haben Sie dabei Hilfe?
Sie stammen aus dem Gedächtnis und der
Forschung der Menschheit. Ich erarbeite sie mir vor dem Schreiben
eines Buches. Ich lese unheimlich viel und schreibe Interessierte,
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an, denen ich Fragen stelle.
- Wie viele Teile der Akademie der Abenteuer sind noch geplant?
Bei Meyers, einem Buchverlag, der dem
Bibliographischen Institut Mannheim, eingegliedert ist, wird dort
abschließend der 4. Band der Akademie erscheinen. Einige Zeit danach
fallen die Rechte an den Büchern an mich zurück und es steht mir
frei, weitere Bände zu schreiben. Ich habe noch Ideen für mehr.
Möglicherweise lasse ich die Akademie nach Band 4 etwas ruhen und
schreibe in dieser Zeit ein anderes Buch, das in mir gerade Gestalt
annimmt und danach verlangt, geschrieben zu werden. Dann könnte ich
die Pforten der Akademie wieder öffnen. Es liegt auch ein bisschen
daran, mit wem ich im Lektorat zusammenarbeiten könnte und will, ob
ich es mit einem neuem Verlag mache oder einmal ganz andere Wege
gehe.
- Können und wollen Sie bereits Ausblicke auf den 4. Teil der Akademie der Abenteuer
geben?
Kann ich, aber wollen will ich nicht so
richtig. Nur soviel: Es geht um Macht. Es geht um den Kampf um Macht.
Es geht um die Überwindung von Macht. Und zwar sowohl um die Macht,
die von anderen auf einen einwirkt, wie auch um die, die einen betört
und packt und verführt.
- An welchen Büchern arbeiten Sie neben der Akademie der Abenteuer noch?
Ich habe vor kurzem zusammen mit meinen
Autorenfreund André Marx „Das Wilde Pack“ beendet, die
fabelhafte Geschichte des Freiheitskampfs einer unvergleichlichen
Tierbande. Ich arbeite an meinen Berlin-Krimis für Kinder
„Unsichtbar und trotzdem da!“, die ich mit großer Liebe schreibe
und in denen ein verrücktes, wildes, spannendes Berlin auftaucht,
mit dessen seltsamen Bewohnern und Kriminalfällen die
„Unsichtbar-Affen“ es zu tun bekommen. Ich schreibe außerdem
„Die drei ??? Kids“, die ich seit meiner Kindheit sehr gerne
habe. Was sonst noch in meinem Kopf herumspukt, sind ab und zu ein
Theaterstück, im Moment ein Filmdrehbuch, an dem ich zusammen mit
dem Regisseur Damir Lukacevic arbeite, und natürlich Ideen für neue
Bücher, über die ich bereits mit Verlagen im Gespräch bin.
- Woher stammen die Inspiration für Ihre Werke?
Sie fallen mir ein. Aber woher stammen
sie? Ich denke nach, ich stelle mir Fragen und dann tauchen
Antworten, Bilder, Zusammenhänge auf. Ich lese und arbeite, wenn ich
etwas recherchieren muss. Es sind Gedankenblitze, plötzliche Teile
von Geschichten, Bilder, die die Kraft einer Geschichte in sich
tragen. So eben ...
- Gibt es auch mal „Schreiblockaden“ und wie gehen Sie damit um?
Sowas hatte ich einmal für drei
Wochen. Es war wie verhext. Ich habe dann gar nichts getan, außer
mich zu ärgern und jeden Tag gequält und immer schlechterer Laune
am Schreibtisch zu sitzen. Dann habe ich nur noch Badminton gespielt
und sonst was gemacht. Und eines Tages war sie wieder weg und ich
habe hundert Seiten in zehn Tagen geschrieben. Danach kam nie wieder
eine solche Blockade und ich erwarte auch keine.
- Wo und in welcher Atmosphäre entstehen Ihre Bücher?
Zumeist in meinem Arbeitszimmer in
Berlin, am alten Schreibtisch meines Großvaters in der Stille der
Wohnung. Mitunter auch am Esstisch bei meiner Familie in Italien,
nachts, während die anderen schon schlafen, morgens, ehe sie die
Kinder wach sind oder auch mal mittendrin ...
- Wie lange brauchen Sie um ein Buch zu schreiben?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich habe
ein (dünneres) Buch schon in drei Wochen geschrieben aber auch in
zwei Monaten. Manche Bücher haben auch sechs bis sieben Monate
Schreibzeit gebraucht. Es lässt sich nicht so richtig vorhersagen.
Zwei Dinge sind für mich wichtig. Ich muss die Geschichte lieben,
dann will sie geschrieben werden. Manchmal habe ich sie mir schon
ausgedacht und merke dann beim Schreiben, dass ihr noch das Herz
fehlt. Erst wenn ich das gefunden habe, wird es laufen. Und das
zweite Ding ist der Fleiß. Ohne den geht’s auch nicht.
- Wie läuft der „Entstehungsprozess“ eines Buches bei Ihnen ab?
Eigentlich simpel. Ich habe einen
Einfall. Um den spinne und erdenke ich die Geschichte. Dann lege ich
das nieder und lasse es eine Weile ruhen. Ich mache mich ans
Schreiben und spüre der Geschichte weiter nach. Dabei verändert sie
sich, findet von der Idee aus zum fertigen Buch in vielen Schritten
und Sprüngen ihren Herzschlag, ihr Wesen und ihre tiefere Bedeutung
oder den richtigen, spannenden Puls. Dann lasse ich sie wieder liegen
und schaue mir mit Abstand später alles wieder von vorne an und
überarbeite es.
- Wenn Sie ein Buch beginnen zu schreiben, wissen Sie dann schon wies ausgeht?
Ja, so gut wie immer. Nur nicht die
letzten Sätze. die kommen beim Schreiben.
- Welches war die erste Geschichte die Sie je aufgeschrieben haben?
Das war ein Gedicht, so etwa mit 12
Jahren. Ich wollte ja zuerst Dichter werden und schrieb viele
Gedichte. (Ich habe auch einen Blog, auf dem ich heute noch Gedichte
veröffentliche: http://hundehimmel.wordpress.com/).
Dann kamen kurze, von mir damals kafkaesk empfundene Absätze oder
Geschichtchen, die ich aber nicht weiter verfolgt habe. Die Gedichte
schon. Ich habe mit einigen sogar mal ein Theaterstück am
Nationaltheater in Mannheim gemacht, „Unter der Hungerleuchte“,
das lief über 30 mal. Später wurden es wieder Kurzgeschichten,
jetzt realer und am Alltagsleben orientiert. Die liegen alle hier in
einem Wäschekorb. Na ja, und so ging es dann halt immer weiter. Ich
schrieb Theaterstücke, ein wahnsinniges Filmdrehbuch, das viele
Leute liebten aber keiner verfilmen konnte. Ein erstes, nur in
Italien gedrucktes Buch („Ananas e il cane di neve“), dann weiter
Theaterstücke und und und ... Das Erste aber war ein Gedicht. Auf
meinem Blog schreibe ich im About noch was dazu, was diese Gedichte
für mich bedeuten.
- Welchen Stellenwert in Ihrem Leben nimmt das Schreiben für Sie ein? Was ist Ihnen sonst noch wichtig im Leben?
Schreiben ist meine Liebe und mein
Beruf. Ich hasse es selten zu schreiben, da müssen schon sehr
grauenerregende Umstände hinzukommen. Über meine Gedichte sage ich:
„Es sind Liebe, Wut, Angst, Wahnsinn und Freundschaft mit den
Menschen und dem Leben, die ich hier besinge.“ In meinen
Kinderbüchern kommen Lebenslust, Spaß, Freude am Leben, Unsinn und
Witz sicher hinzu. Und ein bisschen Philosophie steckt auch immer
drin. Das soziale Gefüge, in dem wir leben, ist mir wichtig. Der
Umgang miteinander ist mir sehr wichtig.
- Haben Sie selber ein Lieblingsbuch bzw. Autor?
Nicht direkt, denn ich lese gerne und
viel und damit fließt so eine Wertung natürlich. Aber ich liebe
sehr Jim Knopf, die Kinder aus Bullerbü, die Brautleute ... Ich
hatte im Lauf der Zeit viele wechselnde Schriftstellerhelden und
–heldinnen.
- Wollten Sie schon immer Autor werden?
Ja, spätestens seit dem Tag, als ich
dachte, ich kann über alles schreiben. Da war ich so 16. Geschrieben
habe ich schon davor. Ich denke das heute nicht mehr so, denn über
alles kann ein Mensch nicht schreiben. Aber was ich grundsätzlich
kann, ist schreiben. Es ist meine beste Möglichkeit, auf der Welt zu
leben, dabei zu sein und meinen Teil zu geben.
- Wie alt waren Sie als Sie das Schreiben begonnen haben?
So etwa 12 Jahre.
- Lesen Sie selber viel?
Wenn ich kann, ja. Ich habe z.B. vor
ein paar Jahren meinen Fernseher abgeschafft und lese seitdem noch
einiges mehr für mich. Ich bin aber keine unendliche Leseratte, das
war ich als Kind und Jugendlicher. Dafür schreibe ich wahrscheinlich
heute zu viel. Ich gehe auch gerne raus, gehe spazieren, mache Sport,
begegne Menschen. Ich lese jeden Abend ungefähr eine Stunde. Und
natürlich alles, was ich recherchieren will und auch sehr gerne
Tageszeitungen.
- Wo und wie wohnen Sie?
In Berlin, zusammen mit meiner Frau in
einer Altbauwohnung mit vier Zimmern.
- Haben die Haustiere? Wenn ja, welche?
Ich bin mit einem Schäferhund groß
geworden und habe lange mit einer Katze gelebt. Heute lebe ich ohne
Tiere. Wenn ich einmal nach Italien aufs Land ziehe, werde ich wieder
mit Tieren leben.
- Was macht für Sie die Faszination von Büchern aus?
Der Stil, der Fluss der Sprache, der
Blick in die Welt, der Blick durch einen anderen Menschen, das
Mitfühlen und Erfahren anderer Wirklichkeiten, das Verändern der
Welt durch andere mögliche Bedingungen. Einigermaßen gut oder
ordentlich gebaute Geschichten gibt es viele, schlechte sowieso.
Bücher müssen für mich aber vor allem lebendig geschrieben sein.
Sie müssen etwas in mir zum Klingen bringen, das mich mitzieht. Das
muss für mich als Lesenden nicht unbedingt leicht sein. Wenn es zur
Sache geht, kann es sich sogar unbehaglich anfühlen. Das darf ein
Buch, wenn seine Sache ein Herz hat. Bücher mit Herz sind schon
selten. Die suche ich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen